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Gemeinnützigkeitsrecht reformieren und Vereine schützen!
In zwei Protestbriefen an Bundeskanzler Scholz appellieren Vereine und Stiftungen, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren und so die Vereine zu schützen, damit ihre Arbeit für Demokratie und gegen Rechtsextremismus nicht die eigene Gemeinnützigkeit gefährdet.
Viele gemeinnützige Vereine beschäftigt die Frage, inwieweit sich sie sich politisch äußern und engagieren dürfen, ohne die eigene Gemeinnützigkeit zu gefährden. Denn laut den aktuellen Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts darf eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke nur "vereinzelt" zu tagespolitischen Themen Stellung beziehen. Und selbst wenn sie den Zweck der "politischen Bildung" in ihrer Satzung verankert hat, ist nicht klar definiert, ob damit z. B. auch das Werben für gesellschaftliche Veränderungen möglich ist.
110 lokale Vereine, die Demokratiearbeit vor Ort machen, ob als Sportverein, Kulturinitiative oder Zusammenschluss anderer Gruppen, fordern in nun in einem offenen Brief vom 24. Juni den Bundeskanzler auf, sicherstellen, dass
- der Einsatz für demokratische Werte, Menschenrechte, Antidiskriminierung und Rechtsstaatlichkeit endlich eindeutig gemeinnützig ist und die Liste der gemeinnützigen Zwecke zu ergänzen;
- Vereine, die sich politisch für ihre Satzungszwecke engagieren, Rechtssicherheit bekommen. Sie sollen an der politischen Willensbildung der Gesellschaft und der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken dürfen und keinen Beschränkungen unterliegen;
- sich Vereine gelegentlich für tagespolitische Themen einsetzen können. Wenn ein Sportverein für eine Anti-Rechts-Demonstration im Ort aufrufen will, soll er nicht um seine Existenz fürchten müssen.
Ebenfalls am 24. Juni bekräftigen 54 überregional, meist bundesweit oder darüber hinaus tätige Vereine und Stiftungen in ihrem Brief an den Bundeskanzler diese Forderungen: "Wir wollen für unsere Arbeit jetzt Rechtssicherheit und Klarheit – denn auch das Bangen mit der Steuererklärung und Begründungen gegenüber dem Finanzamt sind bürokratische Belastungen. Auf beiden Seiten. Wir wollen nicht vom Wohlwollen einzelner Finanzbeamt:innen abhängen, sondern brauchen eine verlässliche Rechtsgrundlage, mit der Finanzämter auch Anzeigen gegen unsere Arbeit leicht entkräften können."
Das Bundesfinanzministerium hatte Vorschläge zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts bis zur parlamentarischen Sommerpause angekündigt. Jedoch enthält der vom Kabinett am 5. Juni 2024 verabschiedete Entwurf des Jahressteuergesetzes I faktisch keine Änderungen der Gemeinnützigkeitsregelungen. Das vom Finanzministerium für den Herbst angekündigte Jahressteuergesetz II sei damit die letzte Chance, vor der nächsten Bundestagswahl die nötigen gesetzlichen Änderungen vorzunehmen, heißt es in dem Brief.
Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist für die meisten Vereine von existentieller Bedeutung. Durch die Steuerbegünstigung und das Recht, Spendenbescheinigungen auszustellen, beeinflusst sie entscheidend die finanziellen Grundlagen und Spielräume. Auch ist sie in der Regel Voraussetzung für das Stellen von Förderanträgen.
Als Mitglied der "Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung", die die Reformbemühungen in diesem Bereich seit Jahren vorantreibt, unterstützen auch wir über den Bundesverband Soziokultur das Anliegen.
» Weitere Informationen unter: www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de