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Erklärung des Kulturrats Thüringen zum Teil-Lockdown im November

Der Kulturrat Thüringen hat heute eine Erklärung zu den Beschlüssen der Konferenz der Ministerpräsident*innen und der Bundesregierung zur Bekämpfung der Covid-Pandemie vom 28. Oktober und dem damit verbundenen erneuten Lockdown für den Kulturbereich veröffentlicht. Darin formuliert er klare Erwartungen an die Thüringer Landesregierung und fordert die Unterstützung für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft.

Wir dokumentieren die Erklärung nachfolgend im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

für die Mitgliedsverbände des Kulturrats Thüringen und insbesondere für die durch diese vertretenen Träger des kulturellen Lebens im Freistaat Thüringen stellt die sich seit März dieses Jahres ereignende Corona-Pandemie eine existentielle Bedrohung und innere sowie äußere Zerreißprobe dar. Analog zu den komplexen und anspruchsvollen Entscheidungen, die Sie als politisch Verantwortliche in den letzten Wochen und Monaten zu treffen hatten, stellt sich die Situation zwischen wirksamem Infektionsschutz einerseits und wirtschaftlichen Notwendigkeiten sowie dem überbordenden Wunsch einer Gesellschaft andererseits, das gewohnte offene Leben wiederaufnehmen zu können, als regelrechte Zwickmühle der Erwartungen und Entscheidungen dar.

Uns liegt es daher fern, die gestern getroffenen Entscheidungen an dieser Stelle zu kritisieren. Vielmehr hängt aus unserer Sicht auch weiterhin alles am
gemeinschaftlichen und solidarischen Willen zu entschlossenem, schnellem und pragmatischem Handeln.

In diesem Sinne begrüßen wir zwar die Einheitlichkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit der gestern getroffenen Entscheidungen. Gleichzeitig müssen wir Sie darauf hinweisen, dass wir die Gefahr sehen, dass der benannte Konsens nun verloren gehen könnte. Denn die Situation stellt uns als Kulturverantwortliche vor erneute große Probleme, insbesondere der Kommunikation in Richtung unserer Nutzer*innen und unserer Mitarbeiter*innen. Für viele Kolleg*innen ist es kaum nachvollziehbar, dass ihre enormen Kraftanstrengungen des letzten halben Jahres, ihre Angebote unter die Maßgaben eines engen und stringenten
Infektionsschutzes zu stellen, ganz offensichtlich zu keiner veränderten öffentlichen und politischen Wahrnehmung ihrer Arbeit geführt haben.

Während einzelne Branchen, insbesondere im Bereich der Veranstaltungswirtschaft, bis dato faktisch im Dauer-Lockdown verblieben sind, konnten andere Träger ihre Angebote unter extremen Einschränkungen wieder hochfahren und hygiene-sicher durchführen. Deutschlandweit ist uns kein einziger Infektionsherd bekannt, der aus einer Musikschule, einem Theater- oder Konzertsaal, einem Museum oder einer Bibliothek resultierte. Dennoch mussten wir feststellen, dass in der gestrigen Beschlussvorlage das Wort "Kultur" an keiner Stelle Erwähnung fand, unsere Belange stattdessen im Kontext von Freizeitgestaltung, Vergnügung und in einem Atemzug mit Fitnessstudios und Bordellen genannt, mithin also zum wiederholten Mal in einen Zusammenhang der Verzichtbarkeit gebracht wurden.

Wir fordern daher die politisch Verantwortlichen des Freistaats auf, die Anstrengungen der Kulturschaffenden Thüringens in ihrem Existenzkampf anzuerkennen, sich klar und deutlich zur Teilhabe- und Daseinsvorsorge zu bekennen, die unsere Mitglieder der Bevölkerung Thüringens tagtäglich bieten und in eine neue Phase der Verständigung und Verstärkung der gemeinsamen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie vor Ort und der Existenzsicherung der Träger des kulturellen Lebens einzutreten. Im Einzelnen wünschen wir uns:

  • eine enge Verständigung zwischen den Ressorts Kultur und Wirtschaft im Sinne der Kreativ-, insbesondere der Veranstaltungswirtschaft
  • darin: den Ausbau, die Schärfung, bürokratische Vereinfachung und bessere Vermittlung von Förderinstrumenten für freie Träger und Solo-Selbständige,
    insbesondere die vom Bund angekündigten sog. "außerordentlichen Wirtschaftshilfen"
  • eine enge Verständigung zwischen Staatskanzlei und den Ressorts Gesundheit sowie Bildung im Sinne der Belange der Kulturellen Bildung und Teilhabe
  • darin: die Weiteröffnung der Bereiche der Kulturellen Bildung, die nicht unmittelbar in die vorgestern getroffenen Entscheidungsbereiche fallen und analog zum Schul- und KiTa-Betrieb infektionssicher gestaltbar sind: Musik- und Jugendkunstschulen, Volkshochschulen, Bibliotheken, Museen (Bildungsangebote) etc.
  • die vorbereitende Schaffung eines landesweiten Perspektiv-Programms für die Thüringer Kultur mit vorhandenen und aufzustockenden Restmitteln im Rahmen eines abgrenzbaren Haushaltstitels
  • darin: eine transparente Darstellung von Entwicklungszielen aus der Krise heraus sowie eine entsprechende Vergabepraxis

Für jede Form der Rücksprache und weiterführenden Gestaltung der skizzierten Wege stehen wir sowohl im Rahmen von Spitzengesprächen, gerne auch mit der Thüringer Veranstaltungswirtschaft, als auch auf der Arbeitsebene jederzeit zur Verfügung.

Das Präsidium des Kulturrats Thüringen
im Namen seiner Mitglieder

» Erklärung herunterladen [pdf. 0,15 MB]

» Zur Webseite des Kulturrats Thüringen

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